Diesem alten Unterrichtsmodell folgend, stellt sich der Verfasser dieser Blätter zunächst selbst vor. Er hat sich dem Thema zugewandt, weil er sich dem Dorf Balhorn, dem Geburtsort seines Vaters, innerlich verbunden fühlt. Als Geschichtslehrer, wenn man will als ehemaliger Historiker, suchte er nach seiner Pensionierung eine Art geistigen Neubeginns: die Beschäftigung mit wissenschaftlicher Literatur ohne Unterrichtsbezug, der Besuch von Bibliotheken und Archiven, die Beschäftigung mit bisher unbekannten oder nur halbbewussten Fragen gaben dem neuen Lebensabschnitt einen eigenen Reiz. Es sollte kein Lehrbuch entstehen, auch keine Abhandlung, die sich irgendeiner wissenschaftlichen Position verpflichtet weiß. Vielmehr ist zum Schluss eine gewissenhafte Kompilation, eine einigermaßen geordnete Anhäufung von Beobachtungen entstanden, die sich die Freiheit nimmt, manchmal in anschaulichen atmosphärischen Kleinigkeiten – etwa den verschiedenen Arten der Zehnterhebung – zu verweilen, manches große Ereignis aber nur zu streifen. Für die Gewissenhaftigkeit soll die Zahl der Anmerkungen und das Literaturverzeichnis sprechen. Hier kann der Leser erkennen, wie jede Geschichtsschreibung den Vorgängern verpflichtet ist, wie die Darstellung auf mühsam zusammengesuchten Mosaiksteinchen beruht, wie aber auch stets das Gefühl wachgehalten wird, dass es doch anders gewesen sein kann.
Der Anstoß zu dem Thema ergab sich aus einem kleinen Vorfall: Vielleicht 1960 erfuhr ich, dass die Dreifelderwirtschaft in Balhorn erst kurz vor dem 1. Weltkrieg ihr Ende gefunden hatte. Auf meine Frage, ob sie sich noch daran erinnere, antwortete die damals über 70jährige Schwiegermutter meines Onkels Ludwig, Frau A. E. Reitze: »Ja, ja, als die großen Bauern die kleinen be... haben«. Über 30 Jahre später ergab der denkwürdige Satz – leider bestand ich nicht auf konkreter Begründung – den Ansatz zu der Fragestellung, wie lange das Mittelalter in Balhorn gedauert habe. Als allgemeiner Grund, sich diesem Thema zuzuwenden, stellte sich der Anreiz zu sozialgeschichtlicher Forschung heraus: »Geschichte von unten« mit allgemeinen Linien. Kann man, so stellte sich die Frage, aus dem Besonderen eines Dorfes auf allgemeine und umgekehrt aus den allgemeinen Erkenntnissen über die zum Beispiel landwirtschaftliche Produktionsweise im 18. Jahrhundert Rückschlüsse ziehen? So hat sich die Arbeit bemüht, soviel wie möglich Balhorn und seine unmittelbare Nachbarschaft mit konkreten Angaben heranzuziehen, andererseits werden zum Beispiel Vergleiche aus Bayern oder Westfalen angeboten, die zeigen, wie Balhorn als ein Beispiel für allgemeine Beobachtungen in Deutschland gelten kann.
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