Der Bereich Sozialer Dienstleistungen befindet sich im Wandel zu einem eher wirtschaftlich orientiertem Denken in Bezug auf Leistung, Effizienz und Effektivität. Bisher weitgehend von Kontrollen und Leistungsnachweisen verschont, muss das „Soziale“ sich in eine offensive Auseinandersetzung begeben und eine stärkere Ausrichtung an nachvollziehbaren Qualitäts- und Wirksamkeitskriterien suchen, um kontinuierliche Verfahren zur Beurteilung und Aufrechterhaltung qualitativ hochwertiger und effektiver Leistungen zu erschaffen. Dies fordern sowohl der Gesetzgeber, durch Änderungen des KJHG ( Neuregelung der §§ 77ff. KJHG zum 01.01. 1999), als auch zunehmend die Gesellschaft mit ihren wachsenden Ansprüchen an die Qualität von Leistungen. Das Qualitätsmanagement ist ein Versuch und eine Chance für die Soziale Arbeit, Qualität zu sichern, zu verbessern und transparenter zu gestalten. Gerade die Jugendhilfe ist geprägt durch hohe Komplexität und eine bedeutende Anzahl von Interaktionen; dies erschwert die Übernahme des Qualitätsmanagements. In der Arbeit werden verschiedene Ansätze der Erfassung von Qualität dargestellt, unter dem Aspekt des Qualifizierungsmanagements Verfahren beschrieben, welche Qualität beeinflussen können und positiven Einfluss auf die Qualität der Arbeit von Mitarbeitern haben. Des Weiteren werden unterschiedliche Möglichkeiten der Anwendung von Qualitätsmanagementsystemen (u.a. ESO Norm 9000ff.) miteinander verglichen. Abschließend gibt eine explorative Expertenbefragung einen Einblick in die Praxis verschiedener Institutionen der Jugendhilfe und deren Einschätzung zur aktuellen Situation. Die Fragen des Interviewleitfadens, welcher der Untersuchung zugrunde liegt, beziehen sich auf die Theoriekapitel der Arbeit. Den Mitarbeitern der Jugend- und Sozialverwaltungen soll mehr Verantwortung übergeben werden, dies bedeutet sich neue Fähigkeiten und Qualifikationen anzueignen. In der vorliegenden Arbeit wird ein umfassender Einblick der Thematik gegeben und die Bereitschaft von Sozialpädagogen verdeutlicht, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Soziale Dienstleistungen vor dem Ende?
Sie sind in einem Beruf der »Sozialen Dienstleistung« tätig, als Erzieher, Sozialpädagoge, Lehrer, Krankenschwester, Arzt, Pfarrer usw.? Sie stellen sich immer wieder die Frage, warum sie oft genug das Gefühl haben zu versagen, obwohl sie alles geben, sie fühlen sich aufgebraucht, verschlissen und zerissen? Sie denken, dieses Problem betrifft nur Sie ganz persönlich? Völlig falsch gedacht, nicht Sie sind das Teil, das nicht ausreichend funktioniert. Die große Maschine »Soziale Dienstleistung« mit all ihren Idealen, Ideologien und falschen Erwartungen lässt vielen Beschäftigten kaum eine Chance. Das System ist mit seinen vielen Widersprüchlichkeiten so angelegt, dass von ihm eine krankmachende Wirkung ausgehen kann. Es lässt sich ein umfassendes Krankheitsbild mit einem Sozialen-Dienstleistungs-Syndrom aufzeigen, das sich aus vielen einzelnen Symptomen zusammensetzt. Die Soziale Dienstleistung findet in einer ganz eigentümlichen Umwelt, mit eigenen Regeln und eigenen Werten statt. Diese Umwelt ist zwar in das Gesamtsystem eingebettet, ist dessen Bestandteil, bildet aber dennoch eine ganz eigene »Welt«. In den Köpfen der Beschäftigten und auch der Außenwelt haben sich jedoch die Erwartungen eines idealistischen Handelns festgesetzt. Ideologien, falsche Erwartungen und Idealismus vermischen sich zu einem fast unentwirrbaren Konglomerat. In dieser Welt gelten nicht nur ökonomische, sondern traditionell überlieferte Regeln, die teilweise dem historischen Zusammenhang der Privatwelt entnommen erscheinen. Schließlich lagen die heute von den Sozialen Dienstleistungsberufen wahrgenommenen Aufgaben in vorindustrieller Zeit bei Nachbarschaft und Familie. Ein anderer Teil der Regeln stammt aus dem kirchlichen/religiösen Bereich. Dies erklärt auch warum die Berufe der Sozialen Dienstleistung sehr geschlechtsspezifisch verteilt sind. Männer in führenden Rollen, Frauen in der dienenden Rolle. Soziale Dienstleistungsberufe haben immer eine unterschwellige Bedeutung, die mit deren historischen Entwicklung zusammenhängt. Ohne die von der christlichen Lehre überformte Hilfsbereitschaft über den reinen Familienzusammenhang hinaus, die ehrenamtliche Tätigkeit, wäre auch heute Soziale Dienstleistung undenkbar. Andererseits findet solche Dienstleistung nicht im „luftleeren Raum“ statt, sondern ist vielmehr eingebettet in ›Handfeste‹ wirtschaftliche Zusammenhänge. Die Bewertung der Tätigkeit und ihrer ›Erfolge‹ wird nach wirtschaftlichen Kriterien vorgenommen. Die ›Beruflichkeit‹ muss immer wieder bewiesen werden. Es bestehen daher viele Widersprüchlichkeiten, die für den einzelnen im System involvierten Menschen nur schwer zu durchschauen sind. Der individuelle Leidensdruck der Beschäftigten entsteht beim Sozialen-Dienstleistungs-Syndrom aus einem Konflikt zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Dabei sind die Beschäftigten in das System verstrickt und können den scheinbaren Sachgesetzlichkeiten kaum entrinnen: Wesentliche Anforderungen wurden internalisiert, stehen aber im Widerspruch zur ›Arbeitswirklichkeit‹; die persönliche Entwicklung ist eingeschränkt oder unterbunden; bestehende Strukturen lassen eine Bewältigung der gesellschaftlichen Anforderungen kaum zu und verlagern die Verantwortung auf die Beschäftigten. In einem solchen Umfeld kann es durchaus zu Störungen kommen, die aber nicht individualisiert als das ›Versagen‹ eines zu schwachen Gliedes in der Kette betrachtet werden dürfen. Nicht das Individuum hat versagt, ist defizitär, sondern die Soziale Dienstleistung weist erhebliche Defizite auf. Dennoch ist Soziale Dienstleistung für die Fortexistenz unseres Systems unabdingbar notwendig. Es muss ihr jedoch genügend Raum für die notwendige Anpassung gelassen werden.
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