Seit 1985 beschäftige ich mich mit dem Problem des Entstehens, der Mechanik und der Wirkungsweise der Binnenlandvereisungen von Nordeuropa, die einst die nord- und mitteleuropäischen Landschaften prägten. Nachdem ich sehr bald erkannt hatte, dass in der bis damals vorliegenden Literatur zum Problem der Mechanik der Eisströme dieser Vereisungen (im Unterschied zur Mechanik der Gebirgsgletscher und der Eisströme Antarktikas / Grönlands) kein Werk von Belang zu finden ist, vertiefte ich mich in das Studium der gletscherkundlichen Literatur und der eiszeitglaziologiedienlichen Arbeiten der pleistozängeologischen und -geographischen Literatur, wobei mir der Umstand, in jenen Jahren mein Berufserwerbsleben nahezu abgeschlossen zu haben, den Einstieg in dieses Vollzeitstudium erst ermöglichte. Mein Arbeitsgebiet ist seither die Eiszeitglaziologie, d. i. der von mir unkonventionell abgegrenzte Teil der Glaziologie, der sich mit den kaltzeitinitiiert entstandenen schneebürtigen Binnenlandvereisungen des Pleistozän von Nordeuropa beschäftigt; diese Vereisungen unterscheiden sich ihrem Wesen nach von den warmzeitlich ent- bzw. bestehenden Gebirgsgletschern und den Eisschilden Antarktikas und Grönlands. Die Eiszeitglaziologie sehe ich als eine eigenständig bestehende Sparte der Glaziologie neben den etablierten Sparten (Rezent-)Gletscher-kunde, Schnee-, Firn-, Gletschereis- und Lawinenkunde sowie der Wissenschaft vom Eis Antarktikas / Grönlands: Die Eiszeitglaziologie grenzt sich ab von der Pleistozängeologie, die in der Literatur gern als ,Glazialgeologie’ bezeichnet wird; in dem Maße, wie sie sich auf die Beobachtungen der Pleistozängeologie an den Hinterlassenschaften der vorzeitlichen Vereisungen stützen muss, ist sie auf deren Erkenntnisse angewiesen. Mit der Erarbeitung einer Theorie des Entstehens, der Mechanik und der Wirkungsweise der pleistozänen Binnenlandvereisungen von Nordeuropa [Eiszeitglaziologie-Theorie] bemühe ich mich, die Überlebtheit der alten Paradigmen über das Wesen dieser Vereisungen nachzuweisen. Der vorliegende Band führt in die Problematik dieser Aufgabe ein.
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