Sarah, eine selbstbewusste engagierte Frau Anfang Fünfzig, wird 1994 durch schwere Depressionen aus einer erfolgreichen Karriere im sozialen Bereich gerissen. Glaubt sie zu Beginn ihrer Krankheit noch, mit Medizin und gutem Willen schnell wieder gesund zu werden, muss sie diesen Wunsch bald begraben. Oft ist ihre Verzweiflung so groß, dass sie ihr Leben beenden will. Dagmar Uhlmann lässt den Leser den schweren Weg Sarahs miterleben. Schonungslos zeigt sie die Abgründe seelischer Verzweiflung, in die Depressive versinken. Das breite Spektrum der Erkrankung wird dem Leser durch Begegnungen mit anderen Depressiven, ihrer Suche nach einem Ausweg oder ihrem endgültigen Zerbrechen, begreifbar. Sie will für das Thema Depressionen sensibilisieren, weil diese in Deutschland inzwischen zu einer Volkskrankheit geworden sind, die nahezu jeden treffen kann. Dagmar Uhlmann will Kranken und ihren Angehörigen Mut machen, angemessene Verhaltensweisen für den Umgang mit Depressionen zu entwickeln, weil sie weiß, dass es auch nach dieser Krankheit ein erfülltes und glückliches Leben geben kann.
DEPRESSIONEN Krebs der Seele
===== Ursachen, die zu Depressionen führen zum einen gründen sie auf sehr unterschiedlichen Wertigkeiten, die der einzelne Mensch verschiedenen Lebensinhalten beimisst, zum anderen basieren sie auf einer Veranlagung.
===== Der Stoff, aus dem Depressionen entstehen, kann je nach persönlicher Wichtung, zum Beispiel Versagen im Beruf, massive zwischenmenschliche Probleme (wie Auseinanderbrechen von Partnerbeziehungen), Arbeitslosigkeit oder unersetzbar erscheinende Verluste, aber auch ein Zusammentreffen mehrerer Auslöser sein.
===== Depressionen sind noch immer ein weitgehend tabuisiertes Thema.
===== Die Realität besagt, dass nach offiziellen Angaben zirka 30 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren zeitweise unter einer psychischen Erkrankung leiden. Rund vier Millionen Menschen sind behandlungsbedürftig.
===== Depressionen sind bei Frauen der häufigste Grund für eine Frühverrentung; bei Männern der zweithäufigste Grund.
===== Nach einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin betrug der Verlust in Deutschland allein 2001 etwa 3 Milliarden Euro.
===== Rainer S., Dr. der Philosophie: “Ihr Buch gibt mir die Möglichkeit, mich mit dem Thema zu beschäftigen, ohne mich outen zu müssen.“
LESEPROBEN
Hoffnungslos
Die Kranke erinnerte sich, wie ihr jüngerer Sohn, Tobias, in seiner Angst über ihre Teilnahmslosigkeit Sketche von Dieter Krebs auflegte. Er wollte, dass sie einmal wieder fröhlich lachen würde, so wie früher, wenn es seine Mutter dabei schüttelte, bis ihr die Tränen liefen. Regungslos starrte sie auf den Fernseher. Die Sketche zogen an ihr vorbei. Wieso hatte sie früher darüber gelacht? Nach einiger Zeit stand Sarah vom Fernsehen auf und ging ins Bett. Was sie da wollte, wusste sie auch nicht. Tobias war fassungslos. Das war nicht seine Mutter, die locker in der Öffentlichkeit stand und Aufgaben mit Charme löste. Wenn er an ihre großen Bälle dachte, bei denen er immer dabei sein durfte und eine Aufgabe übernahm, konnte er nicht glauben, dass das die Gleiche war. Die Anerkennung, die sie bei dieser Veranstaltung erfuhr, hatte ihn beeindruckt. Manchmal war er sogar bedrückt gewesen, wie erfolgreich sie war. Ihm fiel es wesentlich schwerer, Erfolge einzufahren, weil er nicht über ihre Selbstsicherheit verfügte. Aber wenn er sie jetzt sah, wünschte er die alten Zeiten zurück. Es machte keinen Spaß mehr, nach der Schule nach Hause zu kommen.
Nach Wochen des vergeblichen Wartens auf eine Besserung gab Sarah auf. Die Trostlosigkeit ertrug sie nicht mehr und beschloss, diesem erbärmlichen Leben ein Ende zu bereiten. Sarah goss sich einen großen Weinbrand ein, stürzte ihn hinter, goss sich einen zweiten nach, legte die Schlaftabletten neben sich und malte sich schon halb benebelt aus, wie schön es wäre, für immer einzuschlafen. Kein sinnloser Tag würde mehr über sie hereinbrechen. In ihre Träume hinein klingelte das Telefon. Zuerst ließ sie es klingeln. Dann taumelte Sarah benommen an den Apparat und nahm den Hörer ab. Ihr Sohn war dran. Ihr Großer, der sein Chemiepraktikum für ein halbes Jahr in Guatemala machte. Als Andreas anfing zu sprechen, begann sie zu weinen. Sarah fühlte sich erwischt. Sie war unfähig, auch nur ein einziges Wort herauszubringen und schluchzte zum Gotterbarmen. Ihr Sohn flehte verzweifelt: „Bitte Mutti, nun sage doch etwas, bitte, gleich ist mein Geld alle.“ Und dann brach das Gespräch ab. Sarah ahnte nicht, dass ihr Sohn seine letzten sechzig Mark ausgegeben hatte, nur um mit ihr zu sprechen, dass er nach dem Telefonat ziellos und verzweifelt durch Guatemala-City gelaufen war. Die Kranke sah bitter auf den Telefonhörer und wusste auf einmal, dass sie von dieser verdammten Welt nicht verschwinden durfte – wegen ihrer Söhne. Beide waren auf sie fixiert, weil sie häufig mit ihnen allein gewesen war. Tobias war noch so unfertig und Andreas hatte ein inniges Verhältnis zu ihr. Es war zum Verzweifeln, dass sie sich nicht frei entscheiden konnte. Sie sah keine Chance, aus ihrem Elend herauskommen. Wie schön wäre es, mit einem Auto gegen einen Baum zu fahren. Einen Unfall müsste sie vortäuschen. Was aber, wenn das nicht klappte und sie zu einem Krüppel würde? Sarah legte sich ins Bett zurück. So ein mieses Leben! Und sie konnte nicht weg. Endlich, zu einem klaren Gedanken fähig, entschied sie, ihren Arzt aufzusuchen. Sie erzählte ihm, wie gerne sie Schluss machen würde. Doktor Reimer telefonierte mit der Städtischen Psychiatrie, um dort einen Platz für sie zu besorgen. Er war in Sorge, dass es bei ihr sonst doch zu einer Kurzschlussreaktion kommen könnte. Sarah schleppte sich nach Hause, packte irgend etwas zusammen und fuhr mit einer Taxe ins Krankenhaus...
Die Geschlossene und die Offene
Als Sarah im Krankenhaus eintraf, waren in der offenen Abteilung alle Betten belegt, deshalb wurde sie in die geschlossene eingewiesen. Ihr wurde übel, als sie das hörte. Beim Betreten der Abteilung puckerte ihr Herz zum Zerspringen. Als sie aber den zugewiesenen Raum sah, war es mit ihrer gespielten Beherrschung vorbei. Ein kleiner Käfig, in den man durch große Scheiben von außen – schon vom Korridor aus – hinein sehen konnte. Die Tür ließ sich von innen nicht öffnen. Damit sie nicht zufiel, und die Kranke sich frei bewegen konnte, hatte man eine Stoffrolle zwischen Türrahmen und Tür geklemmt. Mitten im Raum stand ihr Bett. Für jeden, der vorbeilief, sichtbar. Als Sarah auf den Flur hinaustrat, glaubte sie, es zöge ihr die Beine weg. Im Flur saßen Kranke, deren Äußeres ihr Angst machte. In ihrem eleganten weißen Wollkleid wirkte Sarah wie ein Fremdkörper, der einfach nur lächerlich war. Entsetzt drehte sie sich um und wollte sich in ihr Zimmer zurückziehen. Kaum war sie drin, spürte sie, dass es nichts „zum Zurückziehen“ gab. Sie kauerte sich aufs Bett, unfähig sich in diesem Käfig hinzulegen. Als Sarah zur Toilette musste, verkniff sie sich das. Diesen Flur betrat sie nicht noch einmal. Den Kopf in die Hände gestützt, wartete sie auf ein Wunder. Als der Dienst habende Arzt eintraf, redete er beruhigend auf sie ein und versicherte, sein Möglichstes zu tun, um sie so schnell wie möglich im offenen Bereich unterzubringen. Nach eineinhalb Stunden konnte Sarah die geschlossene Abteilung verlassen und ein Einzelzimmer in der Offenen beziehen. Erleichtert ließ sich die Kranke auf ihr neues Bett fallen und glaubte wieder einmal, dass es nun vorwärts gehen müsse.
Die Freude war kurz, weil ihr Zimmer ein Fenster zu einer der befahrendsten Straßen der Stadt hatte. Früh um vier Uhr holperten die ersten Laster um die Kurve. Dieser Krach ließ sich auch mit Schlaftabletten nicht abstellen. Sarahs Hoffnung auf Schlaf hatte sich zerschlagen. Allerdings war das nicht ihr einziges Problem. Als Individualistin war sie nicht fähig, vielleicht auch nicht willens, sich in das Krankenhaussystem einzuordnen...
Das Meisental
Es goss, was das Zeug hielt. Sarah fuhr auf der mittleren Spur der Autobahn und hoffte, von den Windböen nicht hinweg gefegt zu werden. Krampfhaft steuerte sie dagegen an. Mein Gott, machte der Sturm ihrem kleinen Auto zu schaffen. Sarah wurde immer unruhiger. Vielleicht hatten die Räder nicht genug Luft? Ob es sie deshalb so zur Seite zog? Mit schlottrigen Knien fuhr sie zur nächsten Tankstelle, um Benzin nachzutanken und vor allem die Luft in den Rädern zu überprüfen. Na ja, überprüfen zu lassen. Noch nie hatte sie sich selbst um die Luft gekümmert, weil sie Angst hatte, dabei etwas falsch zu machen. Sarah hielt nach einem Tankwart Ausschau, lächelte ihn an und bat, ihr bei der Luftdruckkontrolle behilflich zu sein. Nachdem der Mann alles überprüft hatte, beruhigte er sie und riet, etwas langsamer zu fahren. Die kleinen Autos hätten nun mal nicht so eine gute Straßenlage. Wenn auch nicht optimistisch, fuhr Sarah seelisch gestärkt weiter. So ist das also mit kleinen Autos, dachte sie.
Gerade hatte sie sich halbwegs von ihrer Angst erholt, als ein großer Vogel direkt auf ihre Autoscheibe zuflog. Sarah schrie auf und duckte sich, als der Vogel mit einem Krachen ihr Auto streifte. Mit zitternden Knien fuhr sie auf den Randstreifen. Die Scheibe war unbeschädigt. Da hatte sie ja noch einmal Glück gehabt. Endlich riss der Himmel auf, und die Sonne kam durch die Wolken. Sarah spürte, wie sich eine zaghafte, freudige Gespanntheit auf die Kur in ihr breit machte. Nach Monaten stellte sie sich wieder einmal Musik im Auto an. Vielleicht gab es ja doch noch einen neuen Anfang für sie?
Als Sarah um vierzehn Uhr in der Kurklinik ankam, wurde die Parkanlage vor dem Haus geschmückt. Es schien, als wollte man ihr einen besonderen Empfang bereiten. Neugierig sah sie sich um. Als ihr ein Mann zulächelte, lächelte sie zurück und freute sich, dass sie ein hübsches Kleid trug. Der Blick auf das Gebäude stimmte sie froh. Es sah überhaupt nicht wie eine Gesundheitseinrichtung, sondern eher wie ein Hotel aus. Die Eingangshalle wirkte richtig nobel. Sarah war überrascht und dachte an die Kureinrichtungen aus DDR-Zeiten zurück – kein Vergleich. Sie suchte sich einen kleinen Transportwagen und lud ihre vielen Gepäckstücke auf. Der Empfang an der Rezeption war freundlich. Sie erhielt den Schlüssel für ein Zimmer in der fünften Etage und wurde darauf hingewiesen, dass gegen sechzehn Uhr ein buntes Programm im Park stattfinden würde. Vorher müsse sie sich aber zur Erstuntersuchung melden. Beim Betreten des Zimmers war Sarah überwältigt. Das es so etwas Schönes gab! Hier musste sie gesund werden! Ihr Zimmer ging zur Südseite, hatte einen Balkon, eine eigene Dusche und Toilette. Und dann dieser Ausblick! Sie sog ihn in sich auf. Sarah spürte, dass ihr mit jedem guten Gedanken Kräfte wuchsen. Sie begann sofort einige Sachen auszupacken, weil sie den Nachmittag nutzen und zu dem bunten Programm wollte. Eilig machte sie sich frisch und ging zum Arzt. Gespannt betrat sie den Untersuchungsraum. Ein älterer Arzt bat sie herein und begann sofort mit dem Aufnahmeprotokoll. Zunächst sollte Sarah ihm ihre Medikamente nennen. Danach wollte er sich mit ihr über den einzuschlagenden Weg verständigen. Die Kranke hatte ihre Tabletten mitgebracht und legte sie auf den Tisch. Ob er wohl etwas Besseres wüsste, als ihre Ärzte?, ging es ihr durch den Kopf. Sarahs Gedanken wurden unterbrochen. „Sie nehmen Schlaftabletten?“, fragte er, während er auf ihre Medizin deutete. Die Kranke nickte. „Ich lehne das ab. Die werden sie bei uns weglassen.“ Sarah starrte ihn an. War der noch normal? Hatte dieser Mensch überhaupt eine Ahnung, was eine solche Schlaflosigkeit - wie die ihre - bedeutete? Mit einer bis dahin verschütteten und deshalb schon ungewohnten Energie sah sie den Arzt an: „Nein, das geht nicht, ohne diese Tabletten kann ich überhaupt nicht schlafen.“ „Dann werden Sie das eben bei uns lernen.“ Sarah glaubte, ohnmächtig zu werden. Die waren lebenswichtig für sie, das konnte er nicht machen. Sarah entschloss sich, für ihre Tabletten zu kämpfen und brachte mit halb erstickter Stimme heraus: „Mein behandelnder Professor hat die mir aber verordnet.“ Der Arzt ließ sich davon nicht beeindrucken und blieb dabei, dass man ihr das Zeug abgewöhnen werde. Wenn sie aber meine, ohne diese Medizin nicht auskommen zu können, werde man ihr zunächst eine halbe Tablette zugestehen. Alles, was er danach sagte, rauschte an ihr vorbei. Stumpf verließ Sarah den Raum, schlich in ihr Zimmer zurück, ließ sich auf das Bett fallen und starrte an die Decke. Von Ferne hörte sie Musik. Ach so, die Veranstaltung. Sie machte das Fenster zu, legte sich zurück und verharrte fast regungslos bis zum Abendbrot. Das Angebot am Büfett interessierte sie nicht. Sarah nahm irgend etwas, stocherte darin herum, schob es zur Seite und ging zurück in ihr Bett.
Eine Woche war sie schon in dieser Kureinrichtung. Nichts, aber auch gar nichts machte ihr Freude. Entsetzlich, wie sie bei strahlendem Sonnenschein so stumpf sein konnte. Sarah fragte sich, was ihr beim Einzug in die Klinik gefallen hatte. Sie hatte es vergessen! Jetzt spürte sie nur noch Widerwillen. Schon beim Betreten des Kurgebäudes stellten sich in Minutenschnelle Quaddeln auf Armen und Beinen bei ihr ein. Es überzog sie, wie ein böser, dicker Ausschlag und juckte obendrein fürchterlich. Wie besessen zerkratzte Sarah sich dann ihre Gliedmaßen. Erst, wenn es teilweise blutete, wurde sie etwas ruhiger und suchte den diensthabenden Arzt auf. Sie bekam eine Calciumspritze, die eine kurzfristige Linderung brachte. Unter den Klinikärzten erlangte sie damit eine traurige Berühmtheit.
Wieder einmal hatte Sarah lustlos in dem Mittagessen herumgestochert und sich gefragt, wie lange sie die Kur noch ertragen musste. Die Frage war natürlich Quatsch, weil sie genau wusste, dass es noch fünf Wochen bis zur Abreise dauern würde. Sie hatte aber keine Lust mehr, dazubleiben. Missmutig sah sie sich im Speiseraum um, bis ihr Blick auf Patienten fiel, die sich vergnügt unterhielten. Einige lachten sogar, als sie nach draußen in den Park gingen. Während Sarah vom Tisch aufstand, dachte sie daran, dass auch sie früher aus Herzenslust lachen konnte. Sie überlegte, ob sie an die frische Luft gehen oder sich lieber gleich in ihrem Zimmer verkriechen sollte.
Unentschlossen ging sie vor die Tür. Ihre Augen spazierten ziellos über die Blumen und den Rasen, bis sie an einer Parkbank halt machten, auf der eine große rothaarige, etwas üppige Frau saß. Sarahs Blick blieb an ihr hängen, irgendwie wirkte sie etwas exzentrisch. Sie fiel aus dem Rahmen. Ob sie die Unbekannte ansprach? Früher wäre ihr das nicht schwer gefallen. Aber jetzt? Am liebsten hätte Sarah eine Mark hochgeworfen und Kopf oder Zahl entscheiden lassen. So ein Unsinn! Sie überwand sich, ging zu der Bank mit der Unbekannten und fragte, ob sie sich zu ihr setzen dürfe. Die Frau forderte sie mit einem leisen Lächeln ihrer blauen Augen auf, Platz zu nehmen.
„Wann bist du denn angekommen?“, begann Sarah. „Ich habe dich noch gar nicht gesehen.“ Die Neue sah sie verwundert an und antwortete: „Heute.“ Die Fremde schien über das vertraute „Du“ erstaunt. Entschuldigend fügte Sarah an: „Alle sprechen sich hier mit du an. Wenn Ihnen das unangenehm ist, muss es ja nicht sein.“ Sie winkte ab: „ Nein , nein, gar nicht, es ist nur ungewohnt. Lass uns dabei bleiben, ich bin Jane.“ „Und ich, Sarah. Verrätst du mir, woher du kommst?“ „ Aus einem Nest bei Potsdam.“ „Und in welcher Abteilung bist du untergebracht?“, fragte Sarah weiter. „In der Fünf.“ „Ach, - ich auch.“ Nach dieser Antwort wusste Sarah, dass die Neue starke psychische Probleme hatte. In den fünf Abteilungen der psychosomatischen Klinik wurden die verschiedendsten Erkrankungen behandelt. In der FÜNF waren die Patienten mit schweren Depressionen untergebracht.
Sarah erzählte Jane, dass die Einheimischen die Kurklinik auch als Meisental bezeichneten. „Tal“ war klar. Aber für die Meisen gab es zwei unterschiedliche Interpretationen. Die Angestellten der Klinik erklärten, die Bezeichnung hätte ihren Ursprung in den vielen Meisen, die in der Gegend herumzwitscherten. Die Einheimischen brachten es mit den Kranken in Zusammenhang. Aber auch die Patienten der Kureinrichtung selbst differenzierten fein. Die von der ZWEI, der Orthopädischen, fühlten sich den FÜNFERN überlegen, weil sie meinten, glücklicherweise keine Macke zu haben. Als Sarah einen Moment innehielt, staunte sie über sich. Wieso erzählte sie das alles der Fremden? In ihre Gedanken hinein erklärte Jane, dass es Zeit für sie würde, weil sie noch den Koffer auspacken und zur Erstuntersuchung gehen müsse. Sarah lächelte der Rothaarigen mit dem Knoten und den langen Beinen hinterher. Es wäre interessant, sie näher kennen zu lernen...
AUTORENPROFIL Dagmar Uhlmann
Dagmar Uhlmann (Jahrgang 1942, geboren in Berlin) lebt seit 32 Jahren in Frankfurt (Oder). Nach der Wende trat sie ins gesellschaftliche Rampenlicht ihrer Heimatstadt, war parteipolitisch aktiv, sozial engagiert, gesellschaftlich anerkannt und erfolgreich. Schwere Depressionen zwangen sie ab 1994 fast zur Aufgabe. Gewohnt, in nahezu allem, was sie anpackte, Erfolg zu haben, wurde sie ein Opfer dieser schleichenden und lähmenden Krankheit. Die Ursachen dafür waren vielfältiger Natur. Beginnend bei persönlicher Veranlagung waren sie in privaten und beruflichen Problemen zu finden. Und sicher hatten auch gesellschaftspolitische Prozesse ihren Anteil. In ihrem dritten Buch „Depressionen die stille Hölle“ beschreibt Dagmar Uhlmann die Geschichte der Sarah Lander in einer offenen, persönlichen Form. Sie führt den Leser ganz nah an die traurige Welt der Depressiven und zeigt, dass auch starke Menschen über keine unerschöpflich seelischen Kraftreserven verfügen. Der „stillen Hölle“ entkommen, möchte Dagmar Uhlmann anderen Erkrankten, Betroffenen und Interessierten ein psychologischer und ermutigender Ratgeber sein, weil sie weiß, dass ein Erwachen aus dieser Krankheit möglich und vor allem erstrebenswert ist.
WEITERE BUCHVERÖFFENTLICHUNGEN von Dagmar Uhlmann
"Brennen auf meiner Haut - Zehn Jahre in der „Neuen Welt“"
ist das erste Buch Dagmar Uhlmanns. Es erschien im Jahr 2000 und ist eine packende Schilderung der Umbruchzeit nach der Vereinigung. Aufgeschreckt durch das verzerrte Bild, das teilweise durch westliche Medien über ehemalige DDR-Bürger verbreitet wird, entschließt sich Dagmar Uhlmann, diesen zehn Jahren in der „Neuen Welt“ noch einmal nachzuspüren. Ihre Erlebnisse und Gedanken dazu lässt sie durch die Figur der „Olga Unruh“ plastisch werden.
„Eddi packt aus Geschichten aus dem Tagebuch eines Dackels“
In diesem Buch lässt Dagmar Uhlmann den kleinen Dackel Eddi seine Erlebnisse, Empfindungen und Geschichten erzählen. Illustriert durch den Grafiker Peter Sottmeier bringt es Spaß für Leser jeden Alters. Für alle Hundeliebhaber von 9 bis 99 ein tolles Mitbringsel.
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